Die Welt formuliert es sehr treffend:
Werder Bremen hat alle Sympathien verspielt
Von Jörg Winterfeldt 21. Mai 2009, 15:45 Uhr
Werder Bremen war viele Jahre allen sympathisch, die Bayern München mit seiner Arroganz, den prallen Geldsäcken und der erdrückenden Erfolgsbilanz nicht mochten. Doch diese Zuneigung ist nun aufgebraucht. Denn zu oft hat Werder Bremen zuletzt ein gespaltenes Verhältnis zu Fairness und Aufrichtigkeit gezeigt.
Jeder deutsche Fan ertappt sich im Europapokal dabei, dass er Teams seiner Nation die Daumen drückt, wenn der eigene Lieblingsklub nicht vertreten ist. Gerade Werder Bremen diente viele Jahre als sehr geeignete Projektionsfläche, weil der Klub allen sympathisch wurde, die Bayern München mit seiner Arroganz, den prallen Geldsäcken und der erdrückenden Erfolgsbilanz nicht mochten. Werder Bremen konnte jeder mögen, weil der Klub den Dauer-David gab, der verlorene Spiele mit Kampf wendete, der sich auch mal gegen Große erfolgreich wehrte, der stets seine besten Spieler teuer verkaufen musste und durch preiswertere Akteure zu ersetzen wusste. Diese Zuneigung haben die Bremer sich über Jahre mühsam aufgebaut.
Nun ist sie aufgebraucht, binnen nicht mal einer halben Saison. Echtes Mitleid nach dem Uefa-Pokalfinale verspürten nur wenige der Gelegenheitsfans in ganz Deutschland. Fast scheint es, als genieße nun im DFB-Pokalfinale kommende Woche sogar ein Retortenklub wie Bayer Leverkusen – sonst bundesweiter Popularität unverdächtig – mehr Rückendeckung.
Zu oft hat Werder Bremen zuletzt ein gespaltenes Verhältnis zu Fairness und Aufrichtigkeit vorgeführt. Vielleicht wäre es im Profifußball sogar nachvollziehbar gewesen, wenn ein Klub wie Werder den Wettbewerb in der Bundesliga verzerrt, weil er da keinen Blumentopf mehr gewinnen kann und egoistisch Stars schont, um in Pokalspielen auftrumpfen zu können. Blöd wird es, wenn die Wahrheit so gedehnt wird, dass die angeblich verletzten Helden wie Diego in der Bremer Provinz bei Gaudi-Spielen antreten. Die Niederlagen beim 1. FC Köln und gegen den Karlsruher SC hat der Klub billigend in Kauf genommen. Auch gegen Wolfsburg morgen zählt nur: Es darf sich keiner für das wichtige DFB-Pokalendspiel verletzen.
Viele Peinlichkeiten garnieren den Sympathieverlust beim Absteiger der Herzen: Dass der Klub seiner Fürsorgepflicht nachkommt, indem er Ärzte gegen den eigenen Stürmer Ivan Klasnic stützt, der Behandlungsfehler beklagt. Dass der früher wegen seiner Sachlichkeit beliebte Klubchef Jürgen Born wegen ungeklärter Transferseltsamkeiten zurücktrat. Dass der nicht nur zu Sonnenbank-Exzessen neigende Torwart Tim Wiese Gegner öffentlich via Megaphon beleidigt. Alles hat dazu geführt, dass wohl viele Fans beim Siegtor von Donezk nicht bar jeder Schadenfreude dachten: Ein Weltklassetorhüter hätte das verhindert.